BM9.1 Konzepte erstellen
2. Randbedingungen zum Erstellen von Anlagenkonzepten
2.3. Systembedingte Randbedingungen
Nicht nur die Erzeuger sollten aufeinander abgestimmt sein. Auch die weiteren Anlagenkomponenten, wie die Übergabe (z. B. Heizkörper, Armaturen), die Verteilung (Verteilleitungen) und die Speicherung (z. B. Pufferspeicher) sollten zu der Konzeption passend gewählt werden, um einen effizienten Betrieb der Erzeuger und eine bestmögliche Ausnutzung der Wärme bzw. Kältebereitstellung zu erhalten. Das folgende Energieflussdiagramm zeigt, welche Anlagenkomponenten bei einem Konzept vorkommen können und wie sie im Zusammenhang stehen:
Abb. 3: Beispiel für die Darstellung eines Anlagenkonzeptes anhand eines Energieflussdiagramms für ein Effizienzhaus 55 (Wohnheim mit 10 Plätzen), Quelle: ina Planungsgesellschaft mbH
Jeder der vier Komponentenbereiche hat seine eigenen Möglichkeiten zur Optimierung (z. B. Wirkungsgrade, Dämmqualität der Verteilleitungen). Jedoch stellt das Zusammenspiel der einzelnen Bestandteile untereinander auch einen wichtigen Faktor für ein sinnvolles Anlagenkonzept dar. Sind z. B. konventionelle Hochtemperatur-Heizflächen (Vorlauf: 55 °C | Rücklauf: 40 °C) geplant/vorhanden, können regenerative Energiequellen wie Erdwärme nicht sinnvoll ausgenutzt werden. Der Temperaturhub zwischen dem Erdreich (ca. 8 - 10 °C) und der Anforderung der Übergabe (ca. 55 °C) ist zu hoch, sodass eine dazwischengeschaltete Wärmepumpe keinen guten Wirkungsgrad (COP) erreichen und somit unrentabel/ineffektiv arbeiten würde.
Neben den Faktoren der Effizienz spielen bei der Auswahl von
geeigneten Anlagenkomponenten natürlich auch Behaglichkeitsaspekte und
Nutzerpräferenzen eine Rolle. So ist ein „kühler Kopf“ im Sommer behaglicher,
als die Kälte über den Fußboden einzubringen. Auch sind auf
Strömungsgeschwindigkeiten von Lüftungs- und Umluftsystemen in Verbindung mit
den benötigten Temperaturen der Lufteinbringung zu achten.

Folgende Randbedingungen können u. a. für die Auswahl eines Anlagenkonzepts relevant sein:
- Geplante/vorhandene Übergabetemperaturen (HT-/NT-System)
- Art der vorhanden/geplanten Verteilung (z. B. dezentral, wohnungs-/gebäudezentral)
- Platzbedarf für Anlagenkomponenten (z. B. Speicher, Lager)
- Vorhandene Anlagenkomponenten im Bestand noch nutzbar (z. B. überdimensioniert/ineffizient, Kamin, Gas-/Stromanschluss, Heizkörper)
- Komfortansprüche/Nutzerwünsche (z. B. Lüftungskonzept, Art der Übergabe, Ökologie, Wirtschaftlichkeit, Regelbarkeit)
Optimierung Anlagentechnik
Zur Optimierung des Anlagenkonzepts ist eine sinnvolle Auslegung und Dimensionierung der Anlagenkomponenten sowie ein intelligentes Steuerungs-/Regelungskonzept zu wählen. Die Ergänzung der Erzeugungstechnologien um Pufferspeicher ermöglicht z. B. längere Betriebszeiten der Erzeuger und damit eine geringere Dimensionierung derselben. Durch eine bedarfsgeführte Regelung/Steuerung können unnötige Betriebszeiten verhindert und somit weitere Energiebedarfe und Ressourcen eingespart werden. Auch die Dämmung von zugänglichen Verteilleitungen, das Austauschen von Umwälzpumpen sowie das Durchführen eines hydraulischen Abgleichs kann die Anlageneffizienz deutlich steigern.
Besondere Anforderungen im Bestand
Die Erstellung eines Anlagenkonzepts für eine Bestandssanierung stellt nochmal andere Anforderungen als im Neubau, wo generell erstmal viel möglich ist. Im Gebäudebestand sollte zunächst der vorhandene Zustand der Anlagentechnik bewertet werden, um so Schwachstellen (z. B. Ineffizienz, Überdimensionierung, Betriebsfähigkeit) und Potenziale (Nutzbarkeit vorhandener Komponenten – z. B. Verteil-/Übergabesystem, Energieträger, Schornstein) zu erkennen. Zudem gibt es nicht selten Restriktionen, die die Umsetzung der Anlagekonzepte nicht ermöglichen bzw. erschweren (z. B. vorhandene Technikraumgröße, aktivierbare Solarfläche, Übergabetemperaturen). Auch der mögliche Umfang der Sanierungsmaßnahme sollte bedacht werden. Soll die vorhandene Anlagentechnik z. B. „nur“ optimiert oder ergänzt werden (z. B. im bewohnten Zustand bzw. im laufenden Betrieb) oder sind auch größere Eingriffe im Gebäude umsetzbar/gewünscht (z. B. Umstellung von einem dezentralen auf ein zentrales Verteilsystem oder auf eine Flächenheizung).
Der erste Schritt sollte deshalb immer, im Anschluss an die Optimierung der Gebäudehülle, die Anpassung des gesamten Systems an den Stand der Technik sein. Dazu müssen in jedem Fall die Leitungssysteme gespült, hydraulisch abgeglichen und in den meisten Fällen nachträglich gedämmt sowie Thermostatventile eingebaut werden. Die gesetzlich geforderte Nachrüstung sollte auch in eigenem Interesse umgesetzt und ineffiziente Systemkomponenten ausgetauscht werden.
Eine weitere Möglichkeit der anlagentechnischen Optimierung
besteht in der Integration von zusätzlichen Komponenten in das Gesamtkonzept,
z. B. Nachrüstung eines Abwasserwärmetauschers, Nutzung des vorhandenen warmen
Abwassers für den Betrieb einer Wärmepumpe oder nachträgliche Integration einer
Frischwasserstation oder einer Solarthermieanlage. Der Einsatz künftiger
Hocheffizienztechnologien, wie beispielsweise der in naher Zukunft
marktverfügbaren Zeolithheizgeräten, ist meist nur sinnvoll, wenn generell
eine optimal ausgelegte und dadurch hocheffiziente Gebäudetechnik vorhanden
ist.

„Eine Anlage und Einrichtung der Heizungs-, Kühl- oder Raumlufttechnik oder der Warmwasserversorgung darf, soweit sie zum Nachweis der Anforderungen energieeinsparrechtlicher Vorschriften des Bundes zu berücksichtigen war, nicht in einer Weise verändert werden, dass die energetische Qualität des Gebäudes verschlechtert wird.“ 1
_____________________________________
1 GEG 2023 §57, Abs. 1