3. Entscheidungshilfen beim Einsatz erneuerbarer Energiequellen

3.2. Randbedingungen für erneuerbare Energien


Die Rolle des Energiestandards

Der Energiestandard, der entscheidend ist für die Höhe des Energiebedarfs, spielt bei der Energiekonzeptentwicklung und der Wahl der Anlagenkonzeption ebenfalls eine wichtige Rolle. Nicht jedes Anlagenkonzept ist für jeden Energiestandard sinnvoll. So weisen beispielsweise hocheffiziente Gebäude (z. B. Effizienzhäuser 55/40) über eine optimierte Gebäudehülle einen sehr geringen Heizwärmebedarf auf und benötigen i. d. Regel geringe Vorlauftemperaturen für dessen Übergabe. Hier bietet sich die Nutzung regenerativer Quellen über Wärmepumpen, wie Luft, Erdwärme oder Abwärme an, da der dafür benötigte Strombedarf durch die gute Effizienz (COP) gering ausfällt und z. B. über eine PV-Anlage erzeugt werden kann.

Der Einsatz von Wärmepumpen in einem Gebäude mit einem hohen Wärmebedarf (z. B. un-/teilsanierter Bestand) bedingt hingegen die Bereitstellung von Wärme auf einem hohen Temperaturniveau, was eine konventionelle Wärmepumpe ineffizient (geringer COP durch elektrischen Heizstab) und unwirtschaftlich werden lässt. Kombigeräte aus Wärmepumpe mit integriertem Spitzenlastkessel (z. B. Hybridgeräte) oder der Einsatz von Gas-Wärmepumpen ermöglichen heute auch im Bestand Konzepte auf Basis von Umweltwärme oder Geothermie.



Die Rolle der Nutzung

Die Wahl eines Anlagenkonzepts hängt auch von der vorhandenen Nutzung ab. Liegt z. B. nutzungsbedingt ein hoher Wärmebedarf vor (z. B. Schwimmbad), stellt ein vorrangiges wärmegeführtes Konzept (z. B. Solarthermie, BHKW) oft eine gute Lösung dar. Überwiegt jedoch der Strombedarf (z. B. bei einem hohen Kältebedarf, Bedarf für Geräte/Prozesse, Beleuchtung), ist die Wahl eines stromgeführten Konzepts (z. B. reversible Wärmepumpe + PV) meist naheliegend.

Ob Solarthermie einen sinnvollen Einsatz darstellt, hängt verstärkt vom Trinkwarmwasserbedarf ab, der ganzjährig besteht. Der Trinkwarmwasserbedarf ist in erster Linie nicht vom Energiestandard, sondern durch den Nutzer bzw. die Gebäudenutzung bedingt. So besteht in Wohngebäuden in der Regel ein hoher Trinkwarmwasserbedarf, wohingegen dieser in Büros eher gering ausfällt. In Wohngebäuden, Hotels, Wohnheimen (mit hohem TWW-Bedarf) kann die Nutzung von Solarthermie daher durchaus sinnvoll sein, wohingegen in Büros oft dezentrale, elektrische Trinkwarmwassererzeuger die sinnvollere Lösung darstellen.

BHKWs können hingegen Wärme effizient, und mit dem Einsatz von Biomasse/Biogas auch regenerativ, auf hohem Temperaturniveau zur Verfügung stellen. Liegt eine ausreichende Wärmegrundlast vor (z. B. größere Wohngebäude oder Schwimmbad, Gastronomie), bietet sich dieser Erzeuger an. Da sich diese meist auf das Trinkwarmwasser bezieht, ist diese nutzungsabhängig und nicht durch den Energiestandard bedingt. Ist der Heizwärmebedarfsanteil jedoch höher, sinkt der Deckungsgrad k und somit auch der anteilige Stromertrag.



Die Rolle der verfügbaren Fläche am Gebäude (Flächenkonkurrenz und Synergieeffekte)

Auch ist zu beachten, dass die benötigten Flächen für die Energiebereitstellung zur Verfügung stehen. Dies betrifft bei der Solarenergienutzung die Hüllflächen und hier insbesondere das Dach. So ist z. B. in manchen Fällen zu entscheiden, ob Solarthermie (für die direkte Wärmebereitstellung) oder eine Photovoltaikanlage eine sinnvollere Alternative (z. B. für die Strombereitstellung für eine Wärmepumpe) darstellt oder ob beide Systeme „Platz“ auf der verfügbaren Hüllfläche finden (z. B. Solarthermie: Fassade, PV im Dach).

Zudem sollte geprüft werden, ob durch die solare Aktivierung der Gebäudehülle ein Synergieeffekt genutzt werden kann. So kann die Kollektorfläche je nach System auch die wasserführende Schicht des Bauteils oder den Sonnenschutz darstellen und somit deren Kosten (z. B. Ziegeleindeckung, Fassadenbekleidung) einsparen.