BM2.1 Grundlagen des energieeffizienten Bauens
3. Energieflüsse und Energiebedarfe im Gebäude
3.1. Grundlagen Energieumwandlung
Grundsätzlich kann Energie weder erzeugt noch vernichtet, sondern nur von einer Energieform in eine andere umgewandelt werden. In einem geschlossenen System gilt daher der Energieerhaltungssatz. Durch eine am System verrichtete Arbeit wird die Energie des Systems erhöht. Verrichtet das System selbst Arbeit, so wird seine Energie geringer. Die Arbeit verursacht hier eine Zustandsänderung in Form einer Temperatur-, Form-, Lage- oder Geschwindigkeitsänderung.

Davon unberührt stimmt gleichzeitig, dass Energie sehr wohl in einer für den Menschen nicht mehr nutzbaren Form vorliegen oder auch einfach ungenutzt bleiben kann (z. B. Abwärme) – das ändert aber nichts daran, dass diese Energiemenge noch immer im System vorhanden ist. Energie kann also weder verbraucht noch verloren oder eingespart werden. Allein die Nutzung kann minimiert und effizienter gestaltet werden. Dies wird fachlich korrekt über die folgenden Begrifflichkeiten bezeichnet:
- Verbrauchs- und Bedarfsminderung,
- Anlagen- und Energieeffizienz,
- Wirkungsgrad und Nutzungsgrad (im Folgenden erläutert).
Beispiele für die Energieumwandlung sind die „Erzeugung“ von Licht und Wärme aus elektrischer Energie über einen elektrischen Widerstand (Glühlampe, elektrische Heizung) und die Umwandlung der elektrischen Energie mithilfe des Elektromagnetismus über magnetische Felder in kinetische/mechanische Energie (Elektromotor).
Chemische Energie eines Brennstoffs wird bei der Verbrennung in Wärmeenergie oder in Verbrennungsmotoren (als Kraftstoff) in kinetische Energie umgewandelt. Abhängig vom Wirkungsgrad der Motoren entsteht dabei zudem ein relativ großer Anteil an Wärme (Abwärme).
In Elektrizitätswerken wird elektrischer Strom erzeugt. Entweder wird dabei vorhandene potenzielle Energie (Speicherkraftwerk) oder kinetische Energie (Laufkraftwerk, Windkraftanlage) über Generatoren in elektrische Energie umgewandelt oder es wird der Umweg über eine Wärmekraftmaschine gewählt, um aus Wärme Strom zu gewinnen. Beispiele dafür sind Wärmekraftwerke, die mit Kohle, Öl, Gas, Biomasse, Kernkraft oder auch Müll betrieben werden.
Energieeinsatz: | Erhaltene Energie: | |||
---|---|---|---|---|
Mechanische Energie | Thermische Energie | Elektrische Energie | Chemische Energie | |
Mech. Energie | Getriebe | Bremsen | Generator | Zementmischer |
Thermische Energie | Dampfturbine | Wärmetauscher | Thermoelement | Hochofen |
Strahlungsenergie | Radiometer | Solarkollektor | Solarzelle | Photosynthese |
Elektrische Energie | Elektromotor | Elektroherd | Transformator | Akkumulator |
Chemische Energie | Muskel | Ölheizung | Brennstoffzelle | Kohlevergasung |
Nukleare Energie | Schnelle Neutronen | Sonne | Innere Konversion | Radiolyse |
Abb. 1: Energieumwandlung; Quelle: überarbeitet durch ina Planungsgesellschaft mbH
Es ist jedoch nicht möglich, Energieformen (z. B. mechanische, thermische, elektrische, magnetische, chemische, nukleare Energie) beliebig ineinander umzuwandeln. Die verschiedenen Energieformen weisen einen unterschiedlichen Ordnungsgrad auf, weshalb beispielsweise Energieformen niedriger Ordnung, wie thermische Energie, nicht beliebig in Energieformen höherer Ordnung, wie elektrische Energie, umgewandelt werden können.
Die von Menschen am häufigsten benutzten Energieformen sind Wärmeenergie und Elektrizität. Die Bedürfnisse in Deutschland richten sich, auf Gebäude bezogen, vor allem an Raumheizung, Raumkühlung, Warmwasser, Haushaltsgeräte, Informationstechnik und Unterhaltungselektronik. Die verschiedenen Energieträger können die Verbraucher über Leitungen erreichen, wie typischerweise elektrische Energie, Erdgas, Fernwärme und Nahwärme, oder sie sind weitgehend lagerfähig und beliebig transportfähig, wie z. B. Stein- und Braunkohle, Heizöle, Kraftstoffe (Benzine, Dieselkraftstoffe), Industriegase, Kernbrennstoffe (Uran), Biomasse (Holz u. a.). Regenerative Energie liegt u. a. als thermische Energie vor (Solarthermie, Erdwärme). Aber auch kinetische Energie in Form von Windkraft kann z. B. in Strom gewandelt werden. Letztere Energieformen sind im Gegensatz zu fossilen Energieträgern nicht endlich und sollten die Hauptbezugsquelle für den Gebäudebetrieb darstellen.
Bei der Energieberatung stößt man auf weitere verschiedene Begrifflichkeiten zum Thema Energie, Energieerzeugung, -verbrauch und die daraus entstehenden Emissionen. Diese gilt es zu kennen und in Beratungen ggf. zu erläutern. Im Folgenden werden einige dieser relevanten Begriffe dargelegt:
Exergie / Anergie / Energie
In der Thermodynamik wird Energie bei Systemen oberhalb der Umgebungstemperatur in zwei Unterarten unterteilt: die Exergie und die Anergie.
Die „Exergie“ bezeichnet dabei den Anteil der Gesamtenergie eines Systems oder Stoffstroms, der Arbeit verrichten kann, wenn er in das thermodynamische, also thermische, mechanische und chemische Gleichgewicht mit seiner Umgebung gebracht wird. Exergie basiert also auf einem Potenzial zwischen mindestens zwei Zuständen, wobei einer davon meist der Umgebungszustand ist.
Betrachtet man ein System aus energetischer Sicht, so können Exergieverluste zum Beispiel durch einen Wärmetransport an die Umgebung auftreten. Ein typisches Beispiel hierfür wäre ein schlecht isoliertes Gebäude. Die Energie, die in Form von Wärme verloren geht, kann später nicht mehr genutzt werden, um Arbeit zu leisten. Es gilt aber das Energieerhaltungsprinzip. Das Gebäude und die Umgebung zusammen besitzen die gleiche Energiemenge wie vor dem Beginn der Wärmeübertragung. Insofern wäre der Ausdruck "Energieverlust" falsch.
Als „Anergie“ versteht man die nicht mehr arbeitsfähige Energie. Sie stellt damit das Gegenstück zur Exergie dar, welche angibt, wie viel mechanische Energie maximal unter Beteiligung der Umgebung gewonnen werden kann, wenn das System ins thermodynamische Gleichgewicht mit der Umgebung kommt.
Ein System, das sich im Gleichgewicht mit der Umgebung befindet, ist also nicht "ohne Energie", sondern "ohne Exergie" und enthält immer noch seine Anergie. Eine Umgebungstemperatur von 10 °C ist für Heizzwecke direkt nicht zu gebrauchen, da sich der Zustand exergetisch betrachtet sogar auf einem niedrigeren Level befindet als der zu heizende Innenraum. An Anergie ist hingegen sehr wohl ein hoher Wert vorhanden, immerhin entsprechen 10 °C knapp 283 K. Über eine Wärmepumpe kann diese zur Verfügung stehende Anergie (hier Umweltwärme) unter Einsatz von Strom in eine Exergie (hier Heizwärme) überführt werden, also eine für den beabsichtigten Zweck nutzbare Form.
Primär- / Sekundär- / End- / Nutzenergie
Am Anfang des Energiegewinnungsprozesses steht die in der Natur vorkommende Primärenergie (=Urenergie), die durch Prozesse wie Verbrennung, Spaltung oder Raffinieren in Sekundärenergieträger umgewandelt wird. Alle diese Umwandlungsprozesse sind mit Verlusten behaftet. Durch weitere Umwandlungs-, Übertragungsverluste oder auch den Transport der Sekundärenergie zum Verbraucher kommt es zu weiteren Verlusten. Erst die beim Verbraucher ankommende Energiemenge bezeichnet man als Endenergie.
Abb. 2: Verluste der Energiebereitstellungskette in Deutschland im Stromnetz; Quelle: Hegger, et al., „Energie Atlas – nachhaltige Architektur“, 2007, überarbeitet von ina Planungsgesellschaft mbH